Saturday, February 3, 2007
Nachdenklich… Abschied von „Teri.muso“
Eigentlich war der Blog hier fuer heute zu Ende, aber ein Abschied hat mich noch sehr beschäftigt! Eines der Mädels, zu der ich eine besondere Beziehung aufgebaut habe – von ihr habe ich letztes Mal nicht erzählt, sie heißt Maï – ist gestern gegangen. Sie hatte kein Baby (bei der Geburt gestorben), aber wurde trotzdem noch etwas zur Überwachung hier behalten. Ein ganz lebendiges fröhliches Mädchen! Mit ihr hatte ich eine ganz besondere Zeit als wir während der Entbindung von Tata (s. letzter Newsletter) einen ganzen Tag gemeinsam auf dem Boden vor dem Kreissaal verbracht haben. Dort habe ich ihr „Gottes Liebe ist so wunderbar“ singen beigebracht, ihren Namen zu schreiben und ein paar deutsche Worte. Wir haben uns von unseren Familien erzählt (das ist wirklich eher was Außergewöhnliches, darüber reden wir mit den Mädels recht wenig!) und einfach Zeit miteinander „geteilt“! Jedenfalls war sie seitdem auf ganz besondere Art und Weise meine „Teri.muso“ und ich ihre „Teri.muso“, das heißt Freundin auf Bambara :) Morgens wenn ich das erste Mal bei ihr vorbeikam, hat sie gleich „Guten Morgen“ gesagt (das hatte ich ihr beigebracht) und mit mir gescherzt, getanzt, mich zum Essen gerufen oder einfach das deutsche Lied gesungen – total rührend! Jedenfalls hat sie jetzt hier als Hausmädchen in Bamako Arbeit gefunden… Solche Momente wie der des Abschieds gehören auch hier zum Alltag dazu, sie hat sogar am Ende richtig geweint…
Werbung!!! Kinofilm: Bamako
An dieser Stelle muss dringend der Werbeteil in die News einfließen! In die deutschen Kinos kommt nämlich jetzt der Film „Bamako“ (hat glaube ich, wenn ich jetzt richtig informiert bin den Publikumspreis in Cannes gewonnen!). Es ist ein sehr „anderer“ Film, verglichen mit dem, was sonst so die Massen ins Kino zieht, aber wenn euch wirklich interessiert, wie hier in der Hauptstadt von Mali (= Bamako) gelebt wird, dann ist der Film das richtig für euch, er ist klasse und echt authentisch!!! Ganz viele Details geben einen super Einblick in das Leben hier. Im Prinzip geht es in der Haupthandlung um eine Gerichtsverhandlung, in der ganz deutlich die Argumente gegen die Globalisierung herausgearbeitet werden, die von Seiten der Afrikaner hervorgebracht werden (ich hab’s auf Französisch geguckt *räusper*, übernehme keine Haftung für das, was ich sage *schmunzel*). Allein das ist schon interessant; aber was mich eigentlich am Meisten fasziniert hat, sind die „Nebenschauplätze“ – wie wird gewaschen, wie werden die typischen Tücher/Stoffe hergestellt, mit was beschäftigen sich die Menschen überhaupt, was ist hier das Schönheitsideal (Frisuren, Kleider…), wie sehen die Häuser aus, die Hinterhöfe und und und!). Ich kann euch den Film nur wärmstens empfehlen. Mehr zählt meiner Meinung nach bei dem Film die Stimmung – die sehr nachdenklich macht – als die eigentliche Handlung… Naja, guckt ihn euch selber an, mehr muss ich gar nicht verraten ;-)
„Viens manger, Mariam“ – das Essen
Foto: Die Maedels beim Essen.
Ja, den Spruch „Viens manger, Mariam“ (meinen Namen haben nur einige der Mädels gelernt, Mariam ist dahingegen hier ein sehr verbreiteter Name, von daher darf ich da nicht so kleinlich sein) höre ich hier ständig, wenn die Mädchen gerade am Essen sind und ich vorbei komme (die kochen für sich, und ich esse normalerweise mit den Gemeinschaftsmitgliedern zusammen). Essen ist hier in Afrika nämlich eine sehr gesellig-gemeinschaftliche auch zeitaufwändige, fast schon feierlich zelebrierte Angelegenheit, und man wird sofort eingeladen, doch dazuzukommen und mitzuessen, egal wie viel da ist – das was da ist wird eben geteilt!
Foto: Obst und Gemuese in Massen
Aber jetzt muss ich eigentlich schon unterscheiden zwischen dem Essen der Mädchen und unserem. Wir essen „ganz normal kultiviert“ mit Messer und Gabel und Becher am gedeckten Tisch. Bei den Mädels sieht es etwas anders aus, und ihre Art das Essen zu zelebrieren entspricht eher der echten afrikanischen Essenskultur… Deswegen zuerst zu dem Ritus und danach zu den „Inhalten“ :) Alle sitzen auf kleinen Hockern (Fotos im Netz: http://miriamklein.blogspot.com) im Kreis und haben entweder ihre Hand oder eine kleine Plastikkelle als Hilfsmittel. In der Mitte des Kreises stehen eine/zwei große Schüsseln und alle essen gemeinsam daraus… Flüssiges eben mit dem Riesen-Löffel, aber alles andere mit der Hand. Neben ihnen stehen kleine Blechkanister, in denen zwischendrin die Hände abgespült werden können. Total gemeinschaftlich! Wenn es Fleisch/Fisch gibt, dann wird das vorher auf einer Extraplatte von einer zuständigen Person genau aufgeteilt, und erst wenn sie fertig ist, legen alle los! Morgens gibt’s bei den Mädels eigentlich immer einen Brei aus Reis oder Hirse. Beim Mittag- und Abendessen ist die Grundzutat auch so gut wie immer Reis, dazu gibt es dann eine Soße, z.B. aus Bohnen oder mit Erdnüssen und jeder kriegt ein kleines Stück Fisch oder zwei (kleine = geschnetzeltes-große) Stückchen Fleisch. Ist nicht besonders abwechslungsreich und Gemüse gibt es so gut wie nie, Salat sehr selten… Aber es reicht zum satt werden, was anderes sind sie auch nicht gewohnt und erwarten sie nicht. Das Geld wird von dem Gemeinschaftsmitglied (Afrikanerin!), die für die Küche zuständig ist, verwaltet. Den Mädels wird so viel Geld gegeben, dass davon Essen gekauft werden kann, was alle satt macht, eine besonders gesunde abwechslungsreiche Kost oder mal was Besonderes kann aus Geldgründen gar nicht (bzw. sehr selten, z.B. an Weihnachten) geboten werden…
Dazu eine Anekdote, bevor ich dann noch schreibe, was ich denn nun eigentlich so esse… Gestern Abend war ein bisschen wenig Reis da und dann haben Luci und ich kurzer Hand einen ganz großen Beutel Erdnüsse bei einem (Markt-)Stand in der Nähe gekauft (Spottpreis für unsere Verhältnisse, 2 Euro!). Die haben wir den Mädels noch nach dem Essen als Überraschung gebracht. Sie haben sich sooo gefreut; das war ein unvergesslicher Anblick, zu sehen, wie aufgeregt sie waren und wie sie sich vor Freude kaum mehr einkriegen konnten – solche Augenblicke sind so schön und bereichernd und können gleichzeitig so nah gehen! Die Erdnüsse konnten aber dann natürlich nicht einfach so direkt gegessen werden: dafür mussten erst wieder alle zusammengetrommelt werden und sich in den Kreis setzen und dann wurde geschwisterlich das Erdnüsse teilen zelebriert!!! :)
Ja, unser Essen, also das der Gemeinschaft, ist etwas abwechslungsreicher – und ich habe ehrlich gesagt schon ein Problem damit… man fragt sich, ob das so in Ordnung ist!? Es ist auch nicht unglaublich abwechslungsreich, aber immerhin haben wir schon Obst und Gemüse. Insgesamt ist es auf jeden Fall lecker! Morgens gibt’s Baguette mit Butter. Zu trinken: Wasser oder Tee oder Pulvermilch oder Pulverkaffee :) Mittags gibt’s meistens Salat zur Vorspeise, die Nachspeise ist immer Obst – Orangen oder Wassermelonen gerade im Moment, denn die haben „Hochsaison“, Bananen oder Papaya sind dann schon eher die Ausnahme ;) Die Grundlage des Hauptgerichtes ist entweder Reis, Süßkartoffeln, oder aber auch immer wieder Hirse / Maniok / Couscous, ich kenne da die genauen Unterschiede nicht ;) (manchmal ist’s auf Grundlage von Mais, manchmal Weizen, manches etwas feiner, anderes etwas gröber!?) Dazu gibt’s auch ein Stück Fisch oder Fleisch und eine Soße, wie bei den Mädels, nur wir haben meistens in der Soße immerhin ein bisschen Gemüse. Mir schmeckt es immer und man wird satt! Witzig ist, dass auch alle Sorten von Blättern von Bäumen/Pflanzen gekocht werden (z.B Amaranth, Maniok, Süßkartoffel(blätter!), Orseille, Kürbisblätter,…), das Ergebnis sieht dann in etwa so aus wie gekochter Spinat, aber schmecken tut es anders, aber schon gut!
Es gibt auch Dinge, die gibt’s hier einfach nicht, z.B. echte Milch und alle dazugehörigen Produkte (Joghurt, Käse,…), überhaupt Brotbelag gibt es eigentlich nicht. Kaffee auch keinen echten, dann keine normalen Kartoffeln oder nur sehr selten Nudeln. Aber ich sage das nicht, weil es mir fehlt! Eher um euch einen Einblick zu verschaffen; man isst das, was billig ist, und das ist logischerweise das, was hier wächst! ;)
Das Essen wird auch bei der Gemeinschaft zelebriert, oft dauert es sehr lange, die Zeit nimmt man sich. Vorher und nachher wird natürlich gebetet / gesungen und dann auch mit allen zusammen (alles per Hand natürlich und zwar mit Seife!) abgewaschen und abgetrocknet!
Fotos: Fisch vor und nach der Zubereitung und Maniok
Was ich immer faszinierend finde ist der Markt – und der gehört ja auch ein bisschen zum Thema Essen dazu :) Ich stelle euch ein paar Bilder rein (wenn’s Internet funktioniert…), die sagen mehr als Worte! Auf dem Markt gibt’s natürlich alle möglichen Früchte und Gemüsesorten, dann Fisch und Fleisch (da sitzen die Fliegen drauf, das liegt da eben so herum, ungekühlt natürlich…) und Seifen, sowie die typischen Tücher mit denen die Röcke gebunden werden (Pagne), aber auch Flip-flops und Tomaten- oder Erdnussbrei, also echt von allem etwas!! Die Leute schieben alles in Handkarren oder transportieren die Dinge eben auf dem Kopf… Einfach spannend dort das Leben zu beobachten!!! Das ist ein Gewusel, die Stände sind sehr eng beieinander und es wird natürlich gehandelt ;) Man kriegt zum Beispiel fünf Orangen für 15 Cent, eine Kokosnuss für 20 Cent, eine Riesenwassermelone für 40 Cent usw… (Fairerweise muss ich daneben jetzt aber auch den Preis von 4 Joghurts = 10 Euro = das Monatsgehalt eines Hausmädchens und der Fertigpizza = 15 Euro erwähnen…)
So, jetzt habe ich aber genug vom Essen geschrieben – ihr könnt mich natürlich gerne mit euren Fragen löchern, denn man kann nie alles behandeln! ;)
Eine ganz wichtige Bemerkung hätte ich fast vergessen – schon längst überfällig eigentlich :) Lucia, meine liebe deutsche „Zimmerteilerin“, die für ein Jahr hier ist, hat natürlich auch einen „Blog“ – also eine Internetseite, auf der sie von ihren Erfahrungen berichtet. www.lucia.wobistdujetzt.com Da findet ihr grundsätzlich sehr interessante und meine Schilderungen ergänzende Berichte; insbesondere was das Essen betrifft möchte ich aber an dieser Stelle gerne auf ihren neuesten Eintrag hinweisen. Während ich hier eher so Essensgrundlagen beschrieben habe, hat sie seit September schon ganz andere und auch außergewöhnliche Erfahrungen mit dem Essen gemacht (vertragen vs. nicht vertragen, Schlange und Hund, ist man das hier?! Wie wird eine Schildkröte lebendig gekocht ;) Usw…) Also könnt ihr gerne zahlreich ihre Fotos und Texte angucken – viel Spaß!
Foto: Der Markt, Fleisch und alle moeglichen anderen Dinge...
Der Wetterfrosch
Foto: Idylle am Niger...
Anschaulich gesprochen ist es gerade neun Uhr abends und ich sitze – frisch geduscht, wie meistens zweimal am Tag!! – auf meinem Bett, schon wieder schweißgebadet Soviel zu dem Schnee in Deutschland. Luci hat mir schon den Tipp gegeben, mein Bettlaken abends nass zu machen, das sei erfrischend, aber auf der anderen Seite auch so gut wie umsonst, da es nach 3 Minuten wieder trocken ist ;) Beim Wäschewaschen finde ich das allerdings sehr praktisch… dass die Wäsche schnell trocknet meine ich natürlich :)
Foto: Etwas weniger idyllisch der Dunst aus purem Staub, den man von einer Brücke runter über dem Niger sieht...
Aber nun zu den Fakten: In der Küche am Thermometer sind tagsüber 35 Grad, in der Sonne ist es entsprechend wärmer, aber da hält man sich eigentlich so gut wie nicht auf! Es gibt keinen Regen, keine Feuchtigkeit und es ist recht staubig. Als ich ankam, war es noch etwas „kühler“, zwischen 20 und 30 Grad, jetzt wird es wohl zum März hin noch sonniger und heißer (jeder hier in Afrika warnt vor der Zeit, das ist dann die „wahre“ Hitze (Zitat Luci ), also so zwischen 40 und 50 Grad – im Schatten natürlich)! Mittags macht eigentlich jeder eine Siesta, weil die Hitze schon etwas schlaucht…
Foto: Die Vegetation hier - und die Ziegen :)
Mir geht’s damit aber insgesamt im Moment trotzdem sehr gut. Man muss halt echt oft duschen um sich zu erfrischen (gibt eh nur kaltes Wasser) und den Staub loszuwerden, bzw. man fühlt sich schnell wieder staubig und verschwitzt, aber das geht ja allen so! Drinnen und im Schatten lässt es sich noch recht gut aushalten… Ist mir lieber als Schnee auf jeden Fall :) Aber wir sprechen uns dann wieder, wenn ich hier in meinem eigenen Schweiß wegschwimme!
Ach ja, eine Anekdote noch: In der „kalten“ Zeit kurz nach meiner Ankunft – morgens um 6 Uhr zur Gottesdienstzeit, als es nur knapp über 20 Grad draußen waren – haben mich zwei der Schwestern gefragt, ob mir nicht kalt sei, da ich bloß ein T-Shirt an hatte! ;) Außerdem hatte ich im Zimmer noch eine extra Wolldecke, damit ich nachts nicht frieren würde…
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